Dienstag, 25. Februar 2014

Elagu Eesti!

Der gestrige Montag war nicht nur ein Montag, sondern in Estland ein Feiertag - nämlich der Unabhängigkeitstag (Iseseisvuspäev).
Am 24. Februar 1918 war die Unabhängigkeit von Estland nach einem langen Krieg mit dem russischen Zarenreich und Deutschbalten erreicht. In diesem Sinne ist übrigens Estland das einzige Land der Welt, dass jemals einen Krieg gegen Russen und Deutsche geführt und gewonnen hat. Hurra! ;-)



Am Morgen des Unabhängigkeitstages ging es für mich kurz vor vier Uhr aus den Federn. Zu diesem Zeitpunkt befand ich mich noch bei Krissi in Tallinn und wir besuchten zusammen einen Film, der kurz nach vier in einem Raum der Universität gespielt wurde.
In Estland sind Studentenverbindungen zur Zeit der Deutschbalten popülar geworden und sind dies bis heute immernoch. Die Tallinner Verbindungen veranstalten jedes Jahr vor dem Unabhängigkeitstag einen Filmmarathon, der um 8 Uhr abends am Vortag beginnt und bis zum Morgen andauert. Anschließend ziehen die Studenten gemeinsam zum Aufsteigen der Flagge auf dem Domberg. Gezeigt werden verschiedene estnische Filme. Krissi und ich entschieden uns jedoch nur den letzten Film, "Kertu" anzusehen. So saßen wir mit vielen betrunkenen Studenten in einem Hörsaal und schauten uns den Film an.
Einen Trailer mit englischen Untertiteln gibt es HIER. Der Film ist sehr zu empfehlen!
Nach dem Film erwarben wir ein Eis und schlenderten auf den Domberg, von wo wir die Tallinner Skyline bei leichter Dämmerung betrachteten. Schließlich zogen wir zum "Riigikogu", dem estnischen Parlament. In dessen Innenhof fand eine kurze Veranstaltung zum Flaggenaufstieg statt. Wir erhielten eine kostenlose kleine Flagge und ein Liedblatt. Bei "Mu Isamaa, mu õnn ja rõõm!" (Mein Vaterland, meine Freude und Glück - der estnischen Nationalhymne) wurde die "Sini-Must-Valge" (Blau, Schwarz, Weiß), die estnische Flagge, auf dem Turm, dem sogenannten "Langen Hermann" hinaufgezogen. Der Zeitpunkt war mit 7.33 Uhr genau auf den Sonnenaufgang gelegt. Im Anschluss wurden noch zwei weitere Lieder gesungen, ein Pfarrer hielt eine kurze Lesung über eine Bibelstelle, in der es um Zusammenhalt ging, und eine Parlamentssprecherin laß eine (leider viel zu leise gesprochene) Rede. Mit ihrem Abschlusswort "Head vabariigi aastapäeva!" (Einen fröhlichen Jahrestag der Republik) ging ein Jubel los.


VOR dem Sonnenaufgang - Ohne Flagge
NACH dem Sonnenaufgang - Mit Flagge

Beim Auszug aus dem Innenhof erlebten wir typischen "Estonismus", sprich: typisch estnisches Verhalten. Niemand drängelte, niemand schubste - und das obwohl so viele Menschen durch das schmale Tor wollten.

Kurze Zeit später fuhren wir mit den Bus an die Westküste, um in Pärnu der Jahrestagsparade beizuwohnen, die jedes Jahr in einer anderen Stadt abgehalten wird.
Pärnu war voll von Menschen. Ich kann mich nicht erinnern in Estland je so viele Menschen an ein und derselben Stelle gesehen zu haben. Menschen standen auf Fensterbrettern von Geschäften, auf Denkmälern und Eingangstreppen. Vor dem Endla-Theater waren viele Flaggenträger und zwei militärische Blaskapellen positioniert. Ein Sprecher verlaß zusammen mit Toomas Hendrik Ilves, dem estnischen Präsidenten, eine Rede. Bei den letzten zwei Worten "Elagu Eesti!" (Es lebe Estland!) brach Jubel in der Menge aus. Danach begann eine große militärische Parade, die Straßen entlang zu ziehen. Voran gingen Gastgruppen aus Großbritannien, Lettland, Litauen, Finnland und Dänemark, sowie den USA: Es folgten sämtliche Regimente und Divisionen, die man sich vorstellen kann:
Luftabwehr, Logistikregimente, das estnische rote Kreuz, Bodenkavallerie, Panzer, schwere Geschütze, Raketenabfanggeräte, Lastwagen - und zum Schluss Vertreter aller estnischen Studentenorganisationen zusammen mit den beiden Blaskapellen. Gegen Ende der Höhepunkt:
drei Helikopter mit einer überdimensionalen estnischen Flagge zogen über uns hinweg, kurz darauf zwei Militärflugzeuge, und kurz darauf sogar zwei Kampfjets, die insgesamt dreimal mit jeder Menge Lärm und "Oooh"s und "Ahhh"s aus der Menge über unsere Köpfe hinwegbrausten.
Obwohl mich Militär in Prozentpunkten 0% interessiert, war ich nach der Parade dennoch aufgeregt. 
 













In diesem Sinne etwas verspätet:

HEAD VABARIIGI AASTAPÄEVA!
ELAGU EESTI!







P.S. Unter diesem Blogeintrag ist noch ein zweiter Neuer, der gelesen werden will :)

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